Yampal
YAMPAL Saxophon Solo
YAMPAL – alias Thomas Nennstiel wurde in Essen geboren. Nach Musikstudien in Wien (Hochschule für Musik ) und Essen (Folkwanghochschule), die er mit dem Staatsexamen abschloß, absolvierte er noch ein Privatstudium bei Jerry Bergonzi in Boston-USA und Werner Pöhlert in Bensheim-D´land . Danach startete er seine Musikkarriere, die ihn durch Europa führte.
Interview mit Yampal in ReggaeTown:
Yampal war bei uns schon häufig Gesprächsthema... Der Solo Saxophonist überrascht immer wieder mit ausgefallener Musik, neuen Einfällen und besonderen musikalischen Experimenten. Seine Mischung aus Jazz und Reggae hat ihn inzwischen um die ganze Welt geführt und läuft auch bei mir häufig. Es wird also auch an dieser Stelle schon längst mal Zeit ihm ein paar Fragen zu stellen und ihn euch genauer vorzustellen...
Reggae-Town (R-T): Hi Yampal, stelle dich doch bitte erst Mal den Lesern auf Reggae-Town.de vor...
Yampal (Yampal): Ich bin Saxophonist, ambulanter Musiker, Vielüber und immer auf der Suche nach Experimenten.
R-T: Was sind die letzten Experimente, die du auf deiner Suche gefunden hast?
Yampal: Ja, die Fusion Soviet Hymne und Reggae, beziehungsweise Calypsoton war ein Experiment und der 12-Ton-Reggae, an dem ich gerade arbeite, ist auch eines. Allerdings
eins von dem ich nicht weiß, wie lange es noch dauert und wo es mich hinführt - und das vermutlich für die Schublade, wer will so etwas schon hören.
R-T: Du bist eigentlich fast ununterbrochen auf Tour. Wo warst du denn dieses Jahr überall schon?
Yampal: Luxembourg, Österreich, China, kurzer Trip nach Schweden zum Göteborg-Reggae-Festival und für nächstes Jahr habe ich eine Einladung nach Vietnam.
R-T: Wie ist deine Musik in diesen Ländern angekommen?
Yampal: Sehr gut, außer ich erlaube mir den Scherz, in einem 5* Hotel die Reggae Version der Soviet-Hymne zu spielen. Das gab dann schon Kritik.
R-T: Erzähl uns doch mal etwas mehr zu dieser Situation mit der Soviet Hymne. Hattest du diese Hymne bewusst gespielt? Wie waren die Reaktionen?
Yampal: Da muss ich vorausschicken, dass ich noch ein zweites Standbein und Repertoire habe, nämlich Jazz, den ich gerne in Hotels spiele, ab und zu ergänzt durch ein paar Reggaenummern. Jetzt hatte ich die frisch fertiggestellte Hymne kurz zuvor in einem Musikclub gespielt und sie gefiel den Leuten sehr gut. Und manchmal habe ich eben etwas, na ja, grenzwertige Ideen. So habe ich die Hymne auch mal in einem Hotel versucht. Da war so eine, ich sage mal neureiche polnische Gruppe, denen passte das
überhaupt nicht. Da ich sie und ihr Schimpfen aber ignoriert und mein Programm weitergespielt habe, sind sie dann schimpfend abgezogen. Sowas schenke ich mir aber in Zukunft. Nicht dass ich die Konfrontation scheue - im Gegenteil - aber es fällt dann doch auf den Hoteldirektor zurück und das sind in der Regel recht nette Menschen, die schon genug Stress an der Backe haben.
R-T: Kannst du uns auch noch mehr zu deiner gesamten China Tour erzählen? Wie kam es dazu und was hast du erlebt?
Yampal: Das ist schnell erzählt. Ich bin schon lange mit verschiedenen Institutionen dort in Kontakt, bis ich endlich (!) eingeladen wurde, beim Cultural Festival zu spielen. Damit hatte ich eine Basis und ich konnte noch einige Zusatzgigs organisieren.
R-T: Woher kommt der Name Yampal?
Yampal: Der Name ist das einzige, was von meinen früheren Bands übriggeblieben ist. Die habe ich im Laufe der Zeit immer mehr verkleinert, bis nur noch ich da war und der Name.
R-T: In was für Bands hast du vorher gespielt und welche Musik habt ihr gemacht?
Yampal: Jazz-Combos, wie zum Beispiel das Trio Westend, und die karibische Band Yampal.
R-T: Was macht der Rest von Yampal denn heute?
Yampal: Die meisten habe ich aus den Augen verloren. Ich weiß, dass Humphry bei Jobarthe-Kunda spielt und befreundet bin ich immer noch mit Carlos, der ist inzwischen Pianist bei den Babacools.
R-T: Wieso bist du alleine unterwegs? Mit deinen Fähigkeiten wärst du sicher auch eine Bereicherung für jede Reggaeband aber du ziehst es vor Solomusik zu machen...
Yampal: Das mit der Solomusik hat mehrere Gründe:
1. Die Logistik ist recht unkompliziert, was auf meinen vielen Reisen natürlich angenehm ist.
2. Ist kaum noch ein Veranstalter bereit menschenwürdige Gagen für eine größere Kombo zu zahlen.
3. Bin ich alles andere als pflegeleicht.
Andererseits stellt sich bei einigen meiner Kompositionen heraus, dass ich sie unbewusst für Sänger konzipiert habe. Da werde ich wohl noch mal meine Teamfähigkeit strapazieren müssen. Allerdings werden das wohl eher Studioprojekte werden. Ich habe zum Beispiel die Idee meinen “Voodoo-Reggae” - bisher Instrumental Saxophon – von verschiedenen Sängern und damit verschiedenen Interpretationen zu einer Compilation CD einspielen zu lassen.
Wichtig dabei wäre mir die Kombination von bekannten und unbekannten Namen, so dass die Unbekannten von den etwas erfolgreicheren Kollegen profitieren können. Ähnliches plane ich auch für meinen noch in Arbeit befindlichen “12-Ton-Reggae“. Beides sind Stücke, die nach einem Sänger oder einer Sängerin schreien.
R-T: Wie drückt sich dein Verhalten als „nicht pflegeleichter“ Musiker aus? (grinst)
Yampal: Undiplomatisch, intolerant, rechthaberisch - ganz normal halt!
R-T: Du hast einige Musikrichtungen quasi selbst gegründet, erzähle uns was dazu...
Yampal: Da wäre der „Calypsoton” mit Elementen aus Reggaeton, Ska und natürlich Calypso und „Chinese-Reggae “, der aber nicht meine alleinige Erfindung ist. Parallel, aber absolut unabhängig von mir, ist der auch entwickelt worden von einem Kollegen aus Süd-China, Jiang Liang. Dem habe ich jetzt übrigens ein Musikinstrument nach China mitgebracht. Außerdem bin ich ganz sicher, dass noch mehr chinesische Musiker sich mit Chinese-Reggae beschäftigen, jeder auf eine andere Art.
R-T: Was für ein Musikinstrument hast du Jiang Liang mitgebracht?
Yampal: Eine besondere Art von Melodika - die hat er im Netz gefunden und wollte sie
unbedingt haben.
R-T: Welche Musik und welche Stücke spielst du ansonsten in deinem Programm?
Yampal: Wie gesagt, Eigenes und was mir Spass macht, ist eine Reggae-Jazz-Fusion wie zum Beispiel Gershwins „Summertime“ als Roots Reggae. Oder das, was ich Pseudo Covern nenne, wie zum Beispiel bei „Israelites“, wo außer dem kurzen Thema, nicht mehr viel vom Original übrig bleibt.
R-T: Erzähle uns doch bitte Mal wie du zur Musik gekommen bist und was dich dann am Ende zum Reggae gebracht hat...
Yampal: Reggae war eigentlich die Musik meiner Kindheit und Jugend, ist aber während meines klassischen Musik-Studiums natürlich total aus meinem Kopf verschwunden. Mein erstes Studium war übrigens Konzert-Gitarre. Später bin ich dann als Saxophonist nach Boston und habe noch bei Jerry Bergonzi studiert. Ich war also inzwischen fest im Jazz verankert. Über Jazz und Calypso kam mir dann nach und nach wieder die Erinnerung an den Reggae und die Lust auszuprobieren, ob das auch mit dem Saxophon geht.
R-T: Hörst du auch Musik aus Jamaika?
Yampal: Ja, aber mehr die Basics wie zum Beispiel Mento von Stanley Beckford. Generell habe ich leider viel zu wenig Zeit zum Musik hören.
R-T: Welcher Auftritt würde sich bei dir bisher als der beste oder besonderste herauskristallisieren?
Yampal: Natürlich bin ich durch die zeitliche Nähe und die Exotik am begeistertsten von meinen China Gigs. Es war ja auch aufregend als LangNase, den Chinesen ihre ureigenste Musik als Reggae zu präsentieren. Zur Zeit nerve ich jeden, ob er's hören will oder nicht, mit meinen China-Erlebnissen. Rückblickend war natürlich der Opernball auch etwas Besonderes.
R-T: Was waren die größten und spannensten Erlebnisse in China?
Yampal: Sehr Interessant war das Zusammenspiel mit der Traditional Musikband of Xicheng District of Beijing. Geplant war mit meinen Playbacks die Reggaenummern zu spielen, die auf chinesischer Volksmusik basieren, so dass die Gruppe, die diese Musik im Schlaf kennt, erst mitspielt und ihr nach und nach ihren Stempel aufdrückt.
Leider waren Amp und Ipod nicht kompatibel. Da habe ich dann vorgeschlagen, sie sollten einfach ihre Musik spielen und ich steige dazu ein, spiele das Thema mit, sobald ich es begriffen habe, lasse mich treiben und spiele Soli drüber und so weiter. So haben wir es dann auch gemacht.
Oberspannend war auch meine Verstärkersuche. Für einen Gig brauchte ich noch einen Verstärker und mit Hilfe der Hotelrezeption habe ich dann auch eine Adresse gefunden. Die war ganz im Süden von Peking. Meine Chinesisch-Kenntnisse reichten zwar um mich bis dorthin durchzufragen. Plötzlich war ich aber mitten im alten Peking gelandet, wo ein Dauer-Flohmarkt auf den Strassen stattfand. Da gingen Hühner, Hamster, antike Münzen und Gebrauchsgegenstände über den Tisch. Die Leute sprachen nur Chinesisch. Jedenfalls habe ich die Lagerhalle gefunden, wo der Herr über's Equipement residierte und ich konnte auch das Gespräch soweit anleiern, dass er wusste was ich wollte. Was die Kondition betraf, wollte ich mich nicht auf meine Sprachkenntnisse verlassen. Da sprang dann - Handy sei Dank - die Rezeptionistin ein. Das Handy wanderte immer zwischen mir und dem Händler hin und her. Jedenfalls stand am Abend der passende Verstärker auf der Bühne und ich war stolz - und im Hotel bekannt wie ein bunter Hund. Dafür habe ich ein paar Tage später ein kleines Konzert für die Angestellten des Hotels gegeben.
R-T: Wie kam es zu deinem Aufritt beim Wiener Opernball?
Yampal: Ganz unspektakulär. Die haben mich angerufen, ob ich Lust hätte, auf dem Opernball zu spielen. Hatte ich.
R-T: Wer sind deine musikalischen Helden?
Yampal: Charlie Parker und Johann Sebastian Bach.
R-T: Lebst du nur von deiner Musik?
Yampal: Ja!
R-T: Was hält diese Leidenschaft am Leben?
Yampal: Da finde ich den Satz von Schönberg ganz passend: „Kunst kommt von müssen.“
R-T: Wie fühlst du dich in Deutschland, nach dem du inzwischen schon die halbe Welt gesehen hast?
Yampal: Gut, der Wechsel macht's. Nur Reisen wäre wahrscheinlich genauso öde, wie nur Deutschland.
R-T: Noch ein abschließendes Statement für die Leser?
Yampal: Mhm, traue keinem Statement!